Bert Bresgen


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So 20. Feb 2022

Uraufführung von „Der Antichrist“ , Oper von Andrea Cavallari (Libretto: Bert Bresgen)

Die Oper handelt vom Christentum und von einem skandalösen Buch, dem letzten Buch Friedrich Nietzsches, „Der Antichrist“, seinem Opus maleficum, einer Anklageschrift, wie sie davor und danach nie mehr zu lesen war, die dennoch versucht, jede Anklage hinter sich zu lassen, die gleichzeitig an einigen Stellen hinüberschaut und hinüberwütet  in den Wahnsinn, der Nietzsche noch vor der Drucklegung des Werkes mundtot machen sollte.
Gerade dieses manisch-ekstatische Grenzgängertum, die jähen, immer wieder überraschenden Wechsel seiner Tonarten machen Nietzsches letztes Werk so aufregend.
Die Oper von Cavallari (Libretto von Bert Bresgen) vermeidet das Allzunaheliegende: Weder setzt sie auf billige „Aktualisierungen“ (Missbrauchsskandale), noch auf die Darstellung der Biografie des späten Nietzsche. Sie weigert sich auch Nietzsches Text als Quasioratorium zu präsentieren und damit abzutöten.
Die Oper beschreitet einen anderen Weg, einen sich krümmenden, der die Paradoxien und den mitunter höllischen Humor des Originals in sich aufnimmt
Sieben Szenen werfen Schlaglichter auf den Nietzschetext. Eine Lehrerin und ihre bezopften Schülerinnen kündigen mit biblischen Zitaten das Erscheinen des Antichristen an, der gestorbene Gott wird in einem Park gesucht. Eine Krankenschwester rezitiert den Nietzschetext über Gott als Spinne. Ein Liebespaar spinnt sich ein zu den Versen des Spinnerliedes aus dem „Fliegenden Holländer“ des von Nietzsche verehrten und gehassten Wagner. Jesus tritt in Persona auf, und zwar in einem der erstaunlichsten biblischen Gleichnisse, dem des ungerechten Verwalters, der seinen Herrn betrügt und grade deshalb von Jesus gerechtfertigt wird. Nietzsches Ablehnung des Märtyrertums führt der berühmteste christliche Märtyrer vor, der heilige Sebastian, der schon Debussy zu einem Bühnenwerk inspirierte. Ein beschnittener Knabe wird dem Papst und dem Chor der sixtinischen Kapelle von seiner Mutter Maria angeboten, doch er findet keine Aufnahme mehr . Am Ende der Oper steht Nietzsches berüchtigtes „Gesetz wider das Christentum“. 
Der poetische, polemische und gleichzeitig ironische Bilderbogen der Oper ist außer dem Geist Nietzsches noch einem anderen verpflichtet: dem Surrealisten Luis Bunel, der von sich sagte: „„Die Welt wird immer absurder. Nur ich bin weiter Katholik und Atheist. Gott sei Dank!“
Flankierend zur Urauffführung veranstalten wir am 20.März ein junges Symposium zu „Der Antichrist“

Der international bekannte Komponist Andrea Cavallari  ist beeinflusst von den Werken von Luciano Berio, John Cage und György Ligety.Sein Werk folgt den Verästelungen der Szenarien von Bert Bresgen und des Original-Textes mit Nietzscheanischer Neugierde und kompromisslosem Willen zu avantgardistischen Klanggestalten. Cavallaris Kompositionen wurden aufgeführt u.a. auf dem "Festival dei Due Mondi" in Spoleto, der „Dokumenta „ in Kassel, dem "Festival Ninety-seven" in Cincinnati, den "Jornadas de Musica del Siglo XX" in Segovia und in der Royal Festival Hall in London. Cavallari war künstlerischer Leiter des Festival Estate Fiesolana, der World Sacred Music Week,  und ist Composer in Residence der Frankfurter Kammeroper. Seine Kammernopernproduktion „Die Winterreise“ wurde u.a. in Frankfurt und im berühmten Museum Bargello in Florenz aufgeführt.

Uraufführung Sa. 19. März 2022 Weitere Vorstellungen Di. 22., Do. 24,. Sa. 26., Mo. 28., Di. 29., Do. 31. März 2022 und Sa. 2. April 2022, Beginn jeweils 20.00 Uhr. Symposium zu „Der Antichrist“ So. 20. März 2022, 20.00 Uhr
Spielort/Symposium Weihehalle der Unitarische Freien Religionsgemeinde K.d.ö.R, Fischerfeldstraße 16, Frankfurt am Main. 
Mitwirkende: Sol Crespo, Dzuna Kalnina, Annette Fischer, Jared Ice, Maximilian Schmitt, Philipp Hunscha Instrumentalsolisten der Kammeroper Frankfurt